Customer Centricity
Seit ca. 10 Jahren verbreitet sich der Begriff Customer Centricity in der Geschäftswelt. Doch was ist das eigentlich?
Was ist Customer Centricity?
Alles beginnt mit den Mitarbeitenden. Also gehe gut mit ihnen um, denn sie werden deine Kunden so behandeln, wie sie selbst behandelt werden. Darüber hinaus musst du ihnen helfen, das richtige Mindset zu entwickeln, musst Freiräume schaffen für Entscheidungen, die den Kunden begeistern.
Was innen geschieht, ist außen spürbar
Customers will never love a company until the employees love it first.
Der absolute Fokus auf den Kunden wird mit verschiedenen Begriffen beschrieben. Wie immer heute kommen diese aus dem Englischen. Die mir am geläufigsten sind „Customer Centricity“, „Human Centered Design“ oder auch „People Centric Organisation“. Am Ende geht es darum, dass der Mensch, bzw. explizit der Kunde, im Mittelpunkt aller Aktivitäten eines Unternehmen steht. Das hört sich einfach an, ist es aber nicht. Um wirklich bei jeder einzelnen Entscheidung den Kunden ins Zentrum der Überlegung zu stellen fällt schwer, wenn es zum Beispiel um einen Prozess geht, von dem der Kunde auf den ersten Blick gar nicht betroffen ist. Die dauerhafte und konsequente Überlegung jedes einzelnen Mitarbeitenden bei jeder einzelnen Entscheidung, was diese für den Kunden bedeutet und ob es für seine Bedürfnisse nicht vielleicht doch noch eine bessere Wahl gibt, ist die hohe Kunst von Customer Centricity.
Customer Centricity in der Praxis
Wenn du einen Unternehmer fragst, ob in seiner Firma der Kunde im Mittelpunkt steht, wird er immer ja sagen und dies häufig mit einem „selbstverständlich“ bekräftigen. Aber ist dies wirklich so? Sind wir mal ehrlich, häufig sind Kunden lästig, nerven, kommen zum ungünstigen Zeitpunkt, stellen am Telefon blöde Fragen, bezahlen Rechnungen nicht oder wollen das Kleid statt in Blau in Rot. Zumindest habe ich als Kunde oft den Eindruck, dass, sollte ich im Mittelpunkt stehen, eher im Weg bin.
Damit der Kunde wirklich ins Zentrum der Bemühungen rückt, muss im Unternehmen ein passendes Mindset vorhanden sein. Dies setzt voraus, dass die Chefetage dies vorlebt und aktiv unterstützt. Der Gedanke an den Kunden und seine Bedürfnisse muss das Unternehmen durchziehen und alle Kontaktpunkte erreichen. Wir müssen uns in die Schuhe der Kunden begeben, wie es der niederländische Konzern Philips vor einigen Jahren in einem (leider nicht mehr vorhandenen) Video beschrieb.
Touchpoint-Management
Diese sogenannten Kontaktpunkte, also alle Situationen, in denen das Unternehmen mit einem Interessenten oder Kunden in Kontakt kommt, nennt man im englischen Touchpoints. Übersetzt man wortwörtlich, passt es auch viel besser. Eine Berührung ist viel emotionaler als ein Kontakt. Aber wo kommen wir mit dem Kunden „in touch“? Die üblichen Bereiche wie der Kundenservice oder Vertrieb werden hier sofort genannt. Genauer betrachtet gibt es natürlich viel, viel mehr. Da sind beispielsweise Stellenausschreibungen, eine Rechnung, ein Produkt, eine Verpackung, eine Pressemitteilung und viele andere Berührungspunkte.
Anne M. Schüler hat eine Fachbuchreihe zum Thema Touchpoints veröffentlicht. Diese Bücher sind sehr zu empfehlen, um in eine Welt einzutauchen, in denen alle Prozesse eines Unternehmens konsequent auf den Kunden ausgerichtet sind. Dies fängt bei der Auswahl der Mitarbeitenden an, geht über entsprechende Führungsarbeit und endet nie. An jedem Touchpoint muss die Berührung den Kunden positiv aufladen, immer und immer wieder. Wenn dies gelingt, wird er zum Fan und somit zur zweitwichtigsten Ressource (nach den Mitarbeitenden) deines Unternehmens.
Richard Branson ist zweifelsohne ein sehr erfolgreicher Unternehmer. Er bestärkt seine Mitarbeiter darin, an den Touchpoints die richtige Entscheidung im Sinne des Kunden zu treffen. In seinem Buch „Like a Virgin: Erfolgsgeheimnisse eines Multimilliardärs“ erzählt er gleich mehrere wunderbare Beispiele dazu. Auch bei Amazon haben die Mitarbeiter weitreichende Möglichkeiten den Kunden sollte er einmal nicht zufrieden sein, zu helfen. Die Kollegen müssen dem Kunden nicht nur helfen wollen (Mindset), sondern es auch können (Rahmenbedingungen). Wie oft hören wir als Kunde, insbesondere von Call-Center-Agents, Sätze wie „ich würde ihnen ja gerne helfen, aber ich habe meine Vorgaben“. Konkret: Das Unternehmen hat Vorgaben gemacht, die dem Kunden nicht helfen. Wirst Du von einem solchen Anbieter begeistert? Sicher nicht. Im Blog werde ich immer wieder auf gute Beispiele für Customer Centricity hinweisen, aber auch den Finger in die Wunde legen, wenn ich als Kunde mal wieder frustriert bin.
Perspektivwechsel
Jeff Bezos, Gründer und CEO von Amazon, sagt „Kunden sind Götter“. Soweit empfehle ich nicht zu gehen. Aber eine Amazon-Besonderheit kannst auch du übernehmen. In Meetings bei Amazon ist immer ein Stuhl frei. Dieser symbolisiert den Kunden, und so wird der Kunde nach seiner Meinung gefragt und in die Entscheidungen mit einbezogen. Noch besser ist es, dem Kunden ein Gesicht und einen Namen zu geben. Nicht umsonst wird heute immer mehr mit so genannten Personas gearbeitet. Dies hilft, sich in die Schuhe der Kunden zu begeben und uns durch deren Brille zu betrachten.
Wann hast Du zuletzt die Schuhe deiner Kunden getragen oder durch ihre Brille gesehen?