Erfindergeist
Gestern las ich einen Artikel über die Herren Dunlop, Goodyear und Michelin. Welch‘ ein Erfinder- und Pioniergeist! Wie so viele Gründer und Innovatoren ging es auch diesen Herren um die Lösung bestehender Probleme. Unzufriedenheit als entscheidender Antrieb – keine neue Erkenntnis. Wie heißt es so schön:
Innovation entsteht aus Lust oder Leid
Kindheitserinnerungen
Während der Lektüre habe ich mich sofort an meine Kindheit erinnert. Ich war von zwei kleinen Pelikan Büchlein im Jeans-Look fasziniert, die ich immer wieder gelesen habe. Darin ging es um große Pioniere wie Gustave Eiffel und Ferdinand de Lesseps. Auch die spannende Geschichte des ersten Automobilrennen der Welt wurde erzählt.
Vielleicht ist es ja nur ein Zufall, dass mich solche Geschichten begeistern, vielleicht auch nicht, denn ich bin im gleichen Karlsruher Stadtteil wie Carl Benz geboren. Auch seine Geschichte, und die seiner Frau Berta, war immer voller Faszination für mich.
Aber zurück zu den Gummi-Innovatoren, deren Wirken mit dem Wunsch begann, dass Fahren mit einem Fahrrad komfortabler zu machen. Nun, wie ich schon mal an dieser Stelle beschrieben habe, war auch der Erfinder des Laufrads ein Karlsruher, Karl Freiherr von Drais. Und so schließt sich vielleicht auch das Rad. Oh, natürlich der Kreis.
Ob es an Drais lag, dass die Michelin-Brüder 1931 ausgerechnet in Karlsruhe das erste Michelin-Werk außerhalb von Frankreich eröffneten ist nicht überliefert. Zumal am Fuße der Grünwinkler Brücke, überwiegend Reifen für LKWs produziert werden. Vermutlich war jedoch die Nähe zur französischen Grenze eher ein entscheidender Faktor. Noch heute ist der Standort gleichzeitig die deutsche Firmenzentrale und mit rund 1.200 Beschäftigten einer der großen Arbeitgeber in der Stadt.
Goodyear
Zurück ins 19. Jahrhundert. Charles Goodyear macht im Jahr 1838 durch Zufall eine große Entdeckung, die später Vulkanisation genannt wurde. Er experimentierte schon länger mit Kautschuk um Kleidung und Möbel aus Gummi herzustellen. Bei einem dieser Experimente fiel ihm versehentlich eine Schwefel-Kautschuk-Masse auf eine heiße Herdplatte. Als er diese nach der Abkühlung entfernen wollte, war die Mischung getrocknet und fest, aber dennoch elastisch. Viele Jahre später führte ein ähnlicher Zufall zur Erfindung der Post-its.
Goodyear lässt sich seine Entdeckung zwar patentieren, war aber kein guter Geschäftsmann und starb 1860 mittellos. Ein Schicksal, welches viele Erfinder teilen. 38 Jahre später starteten die Brüder Seiberling in einer stillgelegten Fabrik die Produktion von Kautschuk und nannten ihr Unternehmen zu Ehren von Charles Goodyear „Goodyear Tire & Rubber Company“. Noch heute gehört Goodyear zu den größten Reifenherstellern der Welt.
Dunlop
Zwei Jahre nach Goodyears Entdeckung wurde John Dunlop geboren. Dieser lebt gegen Ende des Jahrhunderts in Belfast, als sein neunjähriger Sohn Johnny bei Dreiradrennen mit seinen Freunden immer wieder verliert, weil sein Rad zu langsam ist. Als fürsorglicher Vater macht sich John Dunlop Gedanken darüber, wie er das Rad seines Juniors optimieren kann. Dunlop konstruiert mit einer Holzscheibe, einem selbst erzeugten Luftschlauch und einem Kleid seiner Frau einen ersten Luftreifen. Auch er lässt sich seine Erfindung patentieren.
Später gibt es Streit um das Patent, da bereits ein gewisser Robert Thomson 43 Jahre vorher sich sein „Aerial Wheel“ patentieren lies. Thomson hatte sich zu dieser Zeit in seiner schottischen Heimat mit der Aufgabe beschäftigt, wie er Fuhrwerke komfortabler machen konnte. Er entwickelte einen vulkanisierten Luftreifen mit Canvas-Gewebe, der dann mit Luft gefüllt wurde. 1847 wurde dieser in London öffentlich vorgeführt und auf Kutschen montiert. Die Erfindung funktionierte gut, aber die Herstellung war zu aufwändig. Wie viele Erfindungen kam auch diese etwas zu früh.
Jahre später entwickelte Thomson den Füllfederhalter und den Rollstuhl. Auch für die Entwicklung der Dampfmaschinen leistete er mit vielen Patenten wertvolle Beiträge.
Michelin
Die Brüder Édouard und André Michelin übernahmen 1889 eine Kautschukverarbeitung in Clement-Ferrand. 1891 hatte Edouard die Idee zu einem auswechselbaren Luftreifen für das Fahrrad und lies sich diese patentieren. Seine Idee basierte auf seiner Kundenzentrierung. Sein Anspruch war es „einen Reifen herzustellen, der leicht austauschbar ist, nicht von einem Mechaniker, sondern von irgendjemanden – sogar von einem Idioten.“
Noch im gleichen Jahr gewinnt der Radprofi Charles Terront mit Unterstützung des Michelin-Reifens das Radrennen Paris-Brest-Paris. In der Zwischenzeit ist es möglich den Reifenwechsel in 10 Minuten durchzuführen. Die Michelin-Brüder sind clever und veranstalten ein weiteres Radrennen auf dessen Route Nägel verteilt werden. Da die Michelin-Reifen am schnellsten gewechselt werden können, wird auch dieses Rennen gewonnen und Michelin verkauft im Anschluss jede Menge Reifen.
1906 waren Michelin-Räder auch der Erfolgsgarant des ersten Grand Prix für Automobile, da diese innerhalb weniger Minuten komplett getauscht werden konnten. Zu dieser Zeit beschäftigte Michelin bereits 4.000 Mitarbeitende.
Doch nicht nur rund um die Reifen war Michelin kundenzentriert. Die Brüder erkannten sehr früh, dass durch die neu gewonnene Mobilität der Menschen Informationen zu Werkstätten, Unterkünften und Restaurant benötigt werden. Schon 1910 veröffentliche Michelin die ersten Straßenkarten, später kamen der berühmte Guide Michelin hinzu.
Auch die Digitalisierung wurde nicht verschlafen. Mit ViaMichelin wurde sehr früh eine elektronische Routenplanung im Internet angeboten. Bereits davor gab es natürlich CD-ROMs mit dem Guide Michelin und Routenplaner-Funktionen.
2016 übernahm Michelin den bekannten Tischreservierungsservice Book-a-table, der später im Rahmen einer Kooperation mit TripAdvisor wieder veräußert wurde. Auch in Sachen Umweltschutz und Nachhaltigkeit ist das Unternehmen engagiert und forscht seit 2015 im Bereich 3D-Druck.
Man sollte niemals abwarten, was ein Kunde will. Geben Sie ihm lieber was er braucht, bevor er dieses Bedürfnis selbst verspürt.
Édouard Michelin
Die Kundenzentrierung der Gründer scheint dem Unternehmen bis heute erhalten geblieben zu sein.
Wer ist der Größte?
Dunlop, Goodyear oder Michelin? Bridgestone, Continental, oder Pirelli? Wer ist denn nun der größte Reifenhersteller der Welt? Nach Umsatz liegen Bridgestone und Michelin an der Spitze.
Aber wer produziert zahlenmäßig die meisten Reifen? Die Auflösung gibt es hier im Blog und ist ein schönes Beispiel für unser unbewusstes Framing. Viel Spaß beim Entdecken der Lösung.
Wenn Du bis an diese Stelle gelangt bist, hast Du mir und meinen Gedanken Zeit gewidmet. Dafür möchte ich mich ganz herzlich bedanken, denn Zeit ist ein sehr wertvolles Gut. Solltest Du das Gefühl haben, dass die Zeit gut investiert war, dann teile doch bitte den Artikel über ein Social Network Deiner Wahl. Einfach den Share-Button unterhalb dieser Zeile anklicken. Vielen, vielen Dank.