Wann hast Du das letzte Mal mit Klemmbausteinen gespielt und durch deine Hände visualisiert, was dir gerade im Kopf rumgeht? Das ist vermutlich schon lange her. Kinder tun dies häufig und bauen dadurch ihre Ideen. Dies läßt sich auch sehr gut in Business-Workshops integrieren um komplexe Fragestellungen „spielend einfach“ zu beantworten – mit LEGO® SERIOUS PLAY®.
Die Entstehung von LEGO® SERIOUS PLAY®
Ganz so einfach ist es natürlich dann doch nicht. Ja, es wird gespielt, aber eben ernsthaft (Serious). Was genau ist denn jetzt also dieses LEGO® SERIOUS PLAY®?
Bereits 1996 begann die Entwicklung der Methode auf Anregung von Kjeld Kirk Kristiansen, dem Enkel des LEGO® Gründers Ole Kirk Christiansen. Er war damals CEO des dänischen Spielwarenherstellers und auf der Suche nach einer effektiven Methode für innovative Strategieentwicklung.
Zusammen mit Robert Rasmussen, damals verantwortlich für LEGO® Education, und den Professoren Johann Roos und Bart Victor vom International Institute for Management Development in Lausanne, bildete Kristiansen ein Projektteam, welches über viele Jahre in einem interaktiven Prozess LEGO® SERIOUS PLAY® entwickelte. Im Jahr 2002 wurde die Methode dann offiziell vorgestellt.
Konstruktionismus
LEGO® SERIOUS PLAY® basiert wissenschaftlich betrachtet neben den sehr offensichtlichen Bereichen „Spiel“ und „Vorstellungskraft“ vor allem auch auf dem Konstruktionismus. Als Konstruktionismus wird eine Lerntheorie bezeichnet, die für den Lernprozess auf das aktive Tun fokussiert. Die Basis hierfür ist der Konstruktivismus.
Weitere bekannte Projekte die auf Konstruktionismus basieren sind das 100-Dollar-Laptop-Projekt und die Programmiersprache Scratch, die es Kindern ermöglicht spielerisch erste kleine Anwendungen zu programmieren.
Anwendungsgebiete
Die Methode LEGO® SERIOUS PLAY® (kurz: LSP) eignet sich grundsätzlich für komplexe, offene Fragestellungen. Bekannte Beispiel sind
- Strategieentwicklung
- Produktentwicklung
- Teamentwicklung
- Risikoanalysen
- usw.
Die Komplexität wird durch die moderierte Denk- und Problemlösungsmethode deutlich reduziert. Die Teilnehmer der Workshops können in Metaphern denken und sprechen. Somit werden Inhalte abstrakt und leichter beschreibbar.
Mit den Händen denken
Teilnehmer von LSP-Workshops beschreiben die Erfahrung oft als Denken mit den Händen. Roman Rackwitz, Gamification-Experte in der Haufe-Gruppe bezeichnet LEGO® SERIOUS PLAY® in einem Erklärvideo für den Haufe Visionsblog die Methode als
Der 3D Drucker für unsere Gedanken
Die LEGO® Bausteine (und andere Teile) dienen dabei als Transportmittel. Zusammenhänge können beschrieben werden, in dem sie durch ein gebautes Modell visualisiert werden. Oft ist beim Start des Bauens das Ziel bzw. was da jetzt gleich entstehen soll, sowie dessen Bedeutung noch völlig unklar. Aber die Antworten auf die Fragestellungen entfalten sich beim Bauen selbst. Die Hände denken für uns.
Wenn Du nicht weißt was Du bauen sollst, fang einfach an
Raus aus dem 20/80-Setting
Ein weiterer großer Vorteil von LSP ist die Beteiligung aller Workshop-Teilnehmenden. Sicher hast du auch schon die Erfahrung gemacht, dass in den meisten Meetings und Workshops 20% der Teilnehmer:innen 80% der Sprechzeit beanspruchen.
Stille, ruhige Teilnehmerinnen kommen dadurch oft gar nicht zu Wort, obwohl diese Teilnehmer oft durch achtsames Zuhören und Beobachten sehr wertvolle Beiträge leisten könnten. Mit LEGO® SERIOUS PLAY® können diese Beiträge nicht verloren gehen, da alle Teilnehmenden sowohl ein eigenes Modell, als auch später an einem vereinten Modell bauen. Die oder der Facilitator wird darauf achten, dass wirklich alle aktiv involviert sind.
Facilitator und die Praxis
Ich selbst durfte in den letzten Jahren einige kleine Einführungsworkshops miterleben. Diese waren auf rund 90 Minuten angelegt und hatten unter anderem Teamentwicklung und Produktentwicklung als Aufgabenstellung.
Anbieterin dieser Workshops ist Pia Gawlik-Rau, zertifizierte LEGO® SERIOUS PLAY® Facilitator.
Pia ist Wirtschaftsingenieurin der Universität Karlsruhe, war über 15 Jahre lang in internationalen Unternehmen im Bereich Marketing tätig und ist seit 2008 selbstständig in der Beratung von Unternehmen und Organisationen sowie als Coach und Dozentin tätig. Seit 2012 ist Pia als LEGO® SERIOUS PLAY® Facilitator in der Strategieentwicklung unterwegs. Ihr Schwerpunkt ist dabei die Integration von unterschiedlichen Methoden wie u. a. Design Thinking, SCRUM und Business Modell Canvas in LSP, um die bestmögliche Kundenlösung zu erreichen. Genau nach meinem Geschmack.
Das erste Mal
Ich kann mich noch gut an meine erste Erfahrung mit den kleinen bunten Steinen und Pia unter dem Motto „Team-Entwicklung“ erinnern. Ich kam direkt nach einem Arbeitstag zum Abend-Workshop – voller Neugier und Fragen. Nach den 90 Minuten war ich extrem begeistert. Wobei, eigentlich schon viel früher, denn bereits während wir im Team unter Anleitung von Pia unsere eigenen Modelle zu einem vereinten Modell zusammenbrachten, war ich völlig davon fasziniert, welche Energie und welche Zielfokussierung an dem Arbeitstisch entstanden war. Und dies innerhalb weniger Minuten mit mir völlig unbekannten Menschen. Durch das Abstrahieren und die Verwendung von Metaphern war innerhalb dieser sich eigentlich fremden Gruppe eine sehr ausgeprägte Offenheit entstanden. Allen Beteiligten fiel es sichtbar leicht bekannte Probleme ebenso anzusprechen wie eigene Lösungsansätze.
Später habe ich dann die Einführungsübungen der Methode mit dem Window Exploration Bag selbst mehrfach genutzt um in Scrum-Reviews und im Rahmen von Zukunftsmacher-Workshops die Teilnehmenden zu aktivieren und sich haptisch mit einem Zukunftsbild zu beschäftigen.
LSP Remote
Vor einigen Wochen dann der erste Versuch mit einer Online-Session. Im Vorfeld hatte ich durchaus Zweifel, da ja die gemeinsame Interaktion mit den Modellen, insbesondere das Vereinen nicht wie gewohnt möglich sein würde. Zum Einsatz kam das Starter Set, welches uns Pia vorab freundlicherweise zugesendet hatte. 214 Teile beinhaltet dieses Paket, die somit sehr viel Möglichkeit bieten kreativ zu werden.
Ein Kollege und ich „spielten“ unter der Remote-Anleitung von Pia gemeinsam das Thema „Resilienz in Corona-Zeiten“. Dabei konnten wir zunächst mit den Händen unseren eigenen Zustand, das Energiefass, darstellen. In den nächsten Übungen ging es dann darum Lösungen zu finden, wie Resilienz unter den schwierigen Bedingungen unterstützt werden kann. Viel zu schnell war die geplante Zeit vergangen. Wir hätten sehr gerne noch weiter an diesem so wichtigen Thema gearbeitet.
Doch in diesem kurzen Versuch ging es zunächst darum, LSP auch mal in einem Remote-Setting zu erleben um einschätzen zu können, ob solche Workshops auch Online funktionieren. Eindeutige Antwort: Ja. Ich habe bei mir selbst bemerkt, dass ich alleine noch viel fokussierter auf mein eigenes Bauen war. In der Gruppe schweift dann doch immer wieder der Blick zu den anderen Teilnehmenden und deren Aktivitäten nehmen ganz unbewusst Einfluss. Dieser Effekt war nun komplett ausgeschaltet. Herausfordernd ist natürlich virtuell eine Verbindung zwischen den Modellen herzustellen, aber ich bin mir sicher, dass dies durch die Unterstützung eines erfahrenden Facilitator gut gelingen kann.
Wer hier noch etwas tiefer in die typische Abfolge eines LSP-Workshops eintauchen will, kann dies unter anderem im Buch „Spielend Ziele setzen und erreichen: Objectives and Key Results mit LEGO® SERIOUS PLAY®“ von Reinhard Ematinger und Sandra Schulze gut zusammen gefasst nachlesen. In der Kindle-Version ist dieses aktuell für nur 3,49 Euro zu haben.
Literatur
Wer sich noch weiter in das Thema einlesen möchte findet beim Buchhändler des Vertrauens einige Fachliteratur. Es gibt dedizierte Bücher zur Methode, deutschsprachig vor allem das bereits oben genannte, sowie „Serious Work: Meetings und Workshops mit der Lego® Serious Play® Methode moderieren“ von Sean Blair und Marko Rillo. Für den Mai ist, passend zur aktuellen Situation, „So funktioniert die Lego® Serious Play®-Methode online: Neue Moderationstechniken für gemeinsame Modelle im Remote-Modus“ angekündigt. Das englische Original von Sean Blair steht bereits zur Verfügung.
Aber auch in anderen Büchern zu Schlagworten wie „Digitalisierung“, „Transformation“ und „Agile Methoden“ wird LEGO® SERIOUS PLAY® immer wieder erwähnt.
Let’s play
Wie nun also starten? Am besten eine:n zertifizierten LEGO® SERIOUS PLAY® Facilitator in der Nähe suchen und im Gespräch klären, wie ein Kennenlernen der Methode gestaltet werden kann. Und dann, ran an die bunten Klemmbausteine.
Wenn Du bis an diese Stelle gelangt bist, hast Du mir und meinen Gedanken Zeit gewidmet. Dafür möchte ich mich ganz herzlich bedanken, denn Zeit ist ein sehr wertvolles Gut. Solltest Du das Gefühl haben, dass die Zeit gut investiert war, dann teile doch bitte den Artikel über ein Social Network Deiner Wahl. Einfach den Share-Button unterhalb dieser Zeile anklicken. Vielen, vielen Dank.