Im Artikel „Warum KMUs Online-Bewertungen oft falsch einschätzen“ habe ich bereits im November das Thema Bewertungen aus der Sicht der Unternehmen beleuchtet. Heute möchte ich auf den Blickwinkel der Portalbetreiber und der Verfasser von Bewertungen eingehen und die Herausforderungen aufzeigen.
Durch die Unzufriedenheit mit Yelp wird derzeit in der Presse viel über Bewertungen berichtet. Da monieren Unternehmen das positive Bewertungen entfernt wurden während User darüber berichten das von Ihnen verfasste negative Berichte verschwunden sind. Die Nutzung von Bewertungsportalen erfreut sich wachsender Beliebtheit, bringt aber auch Probleme mit sich die von außen nicht immer verständlich sind. Fangen wir vorne an. Zunächst muss sich der Portalbetreiber entscheiden welches Bewertungssytem er anwenden will. Am einfachsten ist natürlich nur die Vergabe einer Note. Das kann mit einer bestimmten Anzahl von Sternen oder anderen Symbolen umgesetzt werden, aber bspw. auch durch ein Schulnotensystem. Diese Art der Darstellung ist unkritisch, aber auch nur bedingt aussagekräftig. In der Regel ist es für den Leser viel informativer durch eine Beschreibung zu erfahren was an dem Anbieter gut schlecht oder mittelmäßig ist.
Infolge dessen gibt es fast überall die Möglichkeit neben der „Benotung“ auch einen Kommentar zu hinterlassen. Und genau an dieser Stelle fangen die Probleme an, denn insbesondere enttäuschte Kunden neigen zu Texten, die oft die Portalrichtlinen oder die gesetzlichen Bestimmungen verletzten. Entscheidet sich der Portalbetreiber für ein Bewertungssytem mit Regstrierungspflicht, das heißt ein User muss sich vorher mit einem Double Opt-in Verfahren anmelden und dabei eine verifiziert Mailadresse hinterlassen. In diesem Fall befindet sich das Portal in der so genannten „Forenhaftung“. Diese bezieht sich auf eine seit Jahren gelebte Rechtssprechung, der zufolge ein Foren- oder Portalbetreiber nicht alle Beiträge lesen kann und erst dann in der Pflicht stehen, wenn er von einem Verstoß gegen das Gesetz aktiv werden muss.
In der Praxis bedeutet dies das ein User in einer Bewertungen einen Anbieter beleidigen kann ohne das dies zunächst Konsequenzen hat. Erst wenn der Betreiber durch eine Beschwerde auf den Verstoß hingewiesen wird, ist er zum Handeln gezwungen, was dann in der Regel die Löschung des Kommentars nach sich zieht. Der Nachteil dieser Lösung ist die Registrierungspflicht. Bin ich bereits ein etabliertes Bewertungsportalen wie bspw. HolidayCheck ist dies möglicherweise keine Hürde, aber nicht jeder möchte sich an zwanzig verschiedenen Portalen anmelden, schon gar nicht wenn er oder sie dabei persönliche Daten hinterlegen muss. Diese Hürde führt dann am Ende dazu, dass Nutzer die eine Bewertung schreiben wollen – oft aus einem Impuls heraus – dies doch nicht tun und somit das Portal deutlich weniger Bewertungen generiert als möglich wäre.
Somit kommen auch die Nutzer nicht in den Genuß der vielleicht wertvollen Einschätzung. Diese Erkenntnis führt bei einigen Anbietern dazu auf die Regstrierungspflicht zu verzichten und anonyme Kommentare entgegen zu nehmen. Dadurch wird in der Regel viel schneller eine relevante Anzahl erzielt. Allerdings führt dies auch dazu das die oben genannten „Forenhaftung“ nicht mehr angewendet werden kann und der Portalbetreiber selbst in der Verantwortung steht das alle Kommentare rechtens sind. Dies ist jedoch sehr aufwändig. Zunächst muss jeder Kommentar gelesen werden. Profis lassen zuerst Filter über den „Posteingang“ laufen, der bspw. Schimpfwörter entdeckt und auch andere nicht zulässigen Inhalte anzeigt. Aber am Ende bleibt eine manuelle Prüfung. Es gibt Bewertungsplattformen die pro Tag eine vierstellige Anzahl an Kommentaren generieren. Unnötig zu erwähnen das die Prüfung spürbare Kosten nach sich ziehen.
Nun ist eine Beleidigung durch eine redaktionelle Prüfung in der Regel schnell erkannt, aber in Texten kann eine Verunglimpfung, eine Unterstellung oder sogar Drohung stecken, die der „normale Leser“ als solche auf den ersten Blick nicht erkennt. Der Prüfer hat im Idealfall Übung und ist auf entsprechende Ausdrucksweise und verwendete Grammatik sensibilisiert. Die Herausforderung ist jedoch den Autor des Kommentars dahingehend zu beraten, dass er eine Formulierung wählt, die Rechtssicher ist und somit auch die Chance hat veröffentlicht zu werden. Nur dann erzeugt der Autor den berühmten Mehrwert für das Portal und somit insbesondere für andere Nutzer. Aus diesem Nutzen bezieht der Verfasser in der Regel seinen Antrieb.
Nachstehend ein Beispiel, welches auch in der Wikipedia verwendet wird, das sehr gut aufzeigt das der Teufel im Detail steckt: Beispiel für Meinungsäußerung: Ich fühlte mich falsch behandelt. Beispiel für Tatsachenbehauptung:Ich wurde falsch behandelt. Es handelt sich hierbei um eine beispielhafte Bewertung eines Arztes. Verwendet der Patient die Tatsachenbehauptung ist das rechtlich nicht haltbar, da er kaum Beweise dafür vorbringen kann. Jedoch wird in der Praxis eher selten die Formulierung als persönliche Meinung gewählt, der Autor denkt darüber nicht nach. Um die Qualität der Bewertungen hoch zu halten und die Autoren nicht zu frustrierend ist es ratsam auf solche Feinheiten hinzuweisen.
Allerdings, wer liest schon FAQs und sonstige Hinweise wenn er nur schnell sein Erlebnis beim Friseur, Arzt oder beim Abendessen mit anderen teilen möchte? Dies führt dann im schlimmsten Fall dazu, dass durch die wiederholte (unwissentliche) Missachtung der rechtlichen Vorschriften, eher negative Bewertungen zu einem Unternehmen gelöscht werden müssen und somit nicht nur ein potenziell falsches Bild entsteht, sondern auch die Autoren der Kommentare frustriert sind, da bei Ihnen der Eindruck entstehen kann das negative Bewertungen immer wieder gelöscht werden. Da die Bewertung anonym abgegeben wurde, kann in der Regel der Portalbetreiber aber mangels Mailadresse den Autor nicht über die Löschung informieren. Hat er die Möglichkeit Kontakt mit dem Verfasser aufzunehmen, besteht die Option auf eine kritische Formulierung hinzuweisen und um Korrektur zu bitten.
Aus den USA droht Yelp, und ggf. auch anderen Bewertungsportalen, nun neuer Ärger. Ein Gericht entschied zu Gunsten eines Klägers, der die Herausgabe der Klarnamen von sieben Rezensenten gefordert hat. Diese hatten das Unternehmen negativ bewertet, die Teppichreinigungsfirma bestreitet jedoch das diese überhaupt Kunden waren. Am einfachsten wäre es also es gäbe keine Registrierungspflicht, der Verfasser eines Kommentars würde aber für Rückfragen eine Mailadresse hinterlassen. Das passiert in der Praxis natürlich selten, da für viele Bewerter, vor allem wenn es um negative Bewertungen geht, die Anonymität wichtig ist. Somit ist es bei den prominenten Portalen wie HolidayCheck, Yelp & Co. Pflicht sich zunächst zu registrieren. Wer das nicht möchte kann nicht bewerten. Leider bleiben dadurch aber auch wertvolle Kundenmeinungen im Verborgenen.
PS: Jede Einschätzung der Rechtslage ist meine persönliche Einschätzung und ohne Gewähr.
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