Man muss leider lange suchen, und seinen Blick schärfen, um echte Kundenzentrierung zu entdecken. Da hilft es auch schon mal einen Optiker zu besuchen, damit dieser hilft den Blick zu optimieren. Das dann die Kundenzentrierung beim Optiker selbst, und zwar noch ohne Optimierung der Sehhilfe, zu sehen ist, trifft sich natürlich bestens.
Wenn Beruf Berufung ist, entsteht häufig Kundenzentrierung
Vor einigen Wochen lernte ich zufällig Uwe Lauinger kennen. Die Umstände hatten nichts mit Augenoptik zu tun. Allerdings begeisterte mich seine Leidenschaft für das was er täglich tut enorm. Selten habe ich in so kurzer Zeit jemand mit so hoher Intensität über seine Berufung sprechen hören.
Kurz danach wurde bei einer Routinekontrolle in der Sehschule, meinem Sohn empfohlen, im Schulunterricht eine Brille zu tragen. Keine große Überraschung, ist doch sein Vater blind wie ein Maulwurf und seine Mutter ebenfalls schon Jahrzehnte mit einem „Nasenfahrrad“ unterwegs. Da wir bereits seit vielen Jahren unsere Brillen online bestellen, war nun die Frage im Raum „Zu welchem Optiker gehen wir?“. Aber nur kurz, denn sofort erinnert ich mich an die Begegnung mit Uwe Lauinger. Da müssen wir hin. Dort ist unser Sohn in guten Händen – völlig klar. Also Kontakt hergestellt und Termin ausgemacht, auch wenn es zwischen dem Ladengeschäft Knipper + Lauinger und unserem Zuhause jede Menge Alternativen und 35 Minuten Fahrzeit liegen.
Durch die Kundenbrille gesehen
An einem Samstagvormittag war es dann soweit. Wir standen zur vereinbarten Zeit in Karlsruhe-Grötzingen am Niddaplatz. Die Begrüßung war ausgesprochen herzlich. Zunächst folgte eine umfassende Aufklärung was wir machen werden, wie genau der Ablauf ist, welche Geräte zum Einsatz kommen. Der Plan: Zuerst werden Mama und Papa getestet, dann sieht der Junior was passiert und kann sich darauf einstellen. Gesagt getan.
Ein hochmodernes Gerät, der so genannte „Wave analyzer“ wurde von Uwe präsentiert, welcher in einem kurzen Durchgang ein Augenscreening durchführt und somit alle wichtigen Informationen zu den Augen sammelt, selbstverständlich inklusive der Sehstärkenbestimmung.
Das Ergebnis ist Sekunden später auf einem großen Monitor an der Wand visualisiert. Der Fachmann erklärt alle Werte, setzt diese in einen Vergleich zu so genannten Standardwerten und erläutert was dies alles genau bedeutet. Sowas habe ich noch nie erlebt und ich trage seit 44 Jahren eine Brille.
Danach der obligatorische Sehtest, hier jedoch in der 3D-Variante. Ich begann, und war auch hier erstaunt wie modern der Test durchgeführt wurde (iPad-Steuerung) und wie genau und geduldig Uwe immer wieder die Sehhilfe veränderte und die berühmte Frage „besser oder schlechter?“ stellte. Ebenso überraschend sein Fazit: „Ich würde an deiner Brille nichts ändern, die Werte stimmen und auch das Gestell hast du wegen der Form gut ausgesucht“. Wohl bemerkt stammt meine Sehhilfe nicht von ihm, sondern wurde vor Jahren woanders gekauft und in der Zwischenzeit bei einem Online-Anbieter neu „verglast“.
Auf alle Kundengruppen eingerichtet
In der Zwischenzeit warteten Kind und Mutter im Verkaufsraum, wo es ein großes Aquarium gibt. Der Inhaber gab zuvor unserem Sohn eine konkrete Aufgabe, nach bestimmten Fischen zu suchen. So war dieser erstmal beschäftigt. Danach konnte er an einem Tisch für Kinder Comics und Rätsel konsumieren, um die lästige Wartezeit zu verkürzen. Prima.
Irgendwann war die ganze Familie durchgetestet. Dabei konnte ich vor allem beobachten wie Uwe Lauinger geduldig und mit großer Lockerheit den Test mit dem kleinen Zappelphilipp durchgeführt hat. Seine Begeisterung kann ihn nicht aus der Ruhe bringen und so erklärte er auch dem 8-jährigen was genau passiert und wozu das gut ist. Wenn nötig gab es eine bestimmte, aber weiterhin freundliche Ansage, damit er junge Kunde tut, was für den Test notwendig ist.
Danach ging es an die Auswahl einer Brille für den jungen Mann. Kinder greifen natürlich zunächst nach bevorzugten Farben, dann nach Formen. Auch hier war die entsprechende Beratung wichtig. Passform („Kinder schauen gerne über die Brille – also nicht zu klein wählen“), potenzieller Sitz, Robustheit für Kinderhände – alles wichtige Parameter. So fiel die Wahl am Ende auf ein Gestell, welches wir vorher sicher nicht in Betracht gezogen hätten, welches aber allen Beteiligten gefiel. Die Auswahl der benötigten „Gläser“ (natürlich aus Kunststoff) erfolgte schnell und schnörkellos, da der Fachmann hier keine Upgrades verkaufen wollte, sondern auf die einfachste Lösung fokussiert war, die seiner Meinung nach für den Einsatzzweck völlig ausreicht. Entspiegelung ja, aber kein weiterer Schnickschnack. Klasse.
Beratung statt Verkauf
Nicht einverstanden war Uwe allerdings mit dem Sitz der Brille meiner Frau. Bevor sie etwas dazu sagen konnte, hatte er die Brille schon in der Hand und verschwand in der Werkstatt. Kurz darauf saß die Brille deutlich besser, wie die Trägerin bestätigte. Es war wie Magie, kein Testen, keine Korrektur – einfach perfekt. Jahrzehntelange Erfahrung schult ganz offensichtlich den Blick.
Es war ein ganz wunderbares Kundenerlebnis, wie ich es nur ganz selten erlebe. Ein Unternehmer aus Leidenschaft, mit klarem Warum. Extrem auf die Bedürfnisse der Kunden, und somit auf Beratung und nicht Verkauf fokussiert. Es gibt sie noch, diese Einzelhändler die ganz in ihrer Berufung aufgehen. Ich bin fest davon überzeugt, dass sich diese Leidenschaft und Kundenzentrierung auszahlt. Die Kunden spüren im direkten Kontakt, dass sie vom Anbieter ernst genommen werden. In diesem Fall in einem besonders sensiblen Bereich – dem eigenen Sehvermögen. Und wenn dies geschärft ist, erkennt es auch wahres Interesse und nicht nur oberflächliche Freundlichkeit mit dem Ziel Umsatz zu machen.
Das Original-Brillenmodell von Steve Jobs bei Knipper + Lauinger
Wir sprachen noch etwas mit Uwe über seine Wochenendpläne (Triathlon!) und das er an einer Brillenkollektion arbeitet. Er zeigte seine Werkstatt und wie Gläser geschliffen werden. Ein Unternehmer zum Anfassen. Offen, ehrlich und am Dialog interessiert. Neudeutsch würde man sagen: Ein Rolemodel.
Für mich hat sich ein Kreis geschlossen. Wie in der Beschreibung von meinem Warum skizziert, begann vieles mit einem Kundenerlebnis vor über 20 Jahren – bei einem Optiker. Dies zeigt für mich unter anderem, dass Kundenzentrierung nichts mit Rahmenbedingungen zu tun hat, sondern lediglich eine Haltung ist. Eine sehr, sehr wichtige.
Aber wer, wenn nicht ein Optiker, sollte die Fähigkeit haben, durch die Kundenbrille zu sehen und durch diesen Perspektivwechsel nachhaltige Beziehungen aufzubauen?
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