Kommunikationskanäle gibt es heute ja wie Sand am Meer oder Schiffe im Suezkanal. Die meisten werden primär mit den Augen verarbeitet, was den Konsum nur dann erlaubt, wenn deren Aufmerksamkeit nicht anderweitig gefordert ist (bspw. beim Autofahren). Nun gibt es immer mehr auf die Ohren, denn Podcasts gewinnen zunehmend an Bedeutung. Laut einer aktuellen Studie geben 15% der Deutschen Bevölkerung an, wöchentlich Podcasts zu hören. Lauschen wir dem Hörkanal.
Ich betrachte das Thema heute als Hörer. Wer sich fürs Machen interessiert, vor allem aus Unternehmensperspektive, dem möchte ich ganz besonders den aktuellen Artikel von Ingo Stoll auf t3n.de empfehlen. Ingo ist erfahrener Podcaster und beschreibt dort praxisnah wie vor allem Firmen in Richtung Corporate Podcast starten können. Wer als Hobby oder Solopreneur einen Podcast starten möchte, dem sei Gordon Schönwälder mit seinem Programm Werde zum Podcast Helden empfohlen. Auf beide Herren komme ich später nochmal zu sprechen.
Rewind
Blicken wir, auch wenn es primär ums Hören geht und hier eigentlich gelesen wird, mal kurz zurück. Podcast ist ein Kofferwort, wie Blog und andere feststehende Begriffe aus unserer digitalisierten Welt. Nehmen wir das Wort auseinander, so bleiben „Pod“ und „Cast“. Damit wird schnell klar, dass auch hier Apple einen erheblichen Einfluss hatte. „Cast“ kommt vom Broadcasting, dass erklärt sich eigentlich genauso von selbst wie die Tatsache, dass „Pod“ vom iPod kommt. Mit dem tragbaren MP3-Player aus Cupertino, und vor allem der dazugehörigen Plattform iTunes, gelang dem neuen Medium der Durchbruch. Begünstigt wurde dies auch durch die Möglichkeit die Episoden eines Anbieters in Form eines Abos automatisch via RSS-Feed zu beziehen.
Pause
Nun aber wieder ins Hier und Jetzt. Aktuell habe ich den Eindruck das Podcasts in der allgemeinen Wahrnehmung zunehmen. Das haben sie auch verdient, da sie für Hörer wie Produzenten gleichermaßen ein tolles Medium sind. Das Erstellen ist vergleichsweise einfach und der Konsum sowieso. Die Hürden sind klein und bringen Menschen audiophil zusammen. Es hat sich zwar schon ein wenig eingebürgert, dass es zu Podcasts in den so genannten Shownotes ein Transkript gibt, aber es ist nun mal ein großer Unterschied, ob man etwas liest oder vorgelesen bekommt. Das wissen wir noch aus Kindheitstagen. Hören ist emotionaler, da die Wahrnehmung der Stimme eines anderen Menschen einen Teil seiner Persönlichkeit überträgt. Logischerweise müssen Hörer und Sprecher zueinander passen. Ich kann den Inhalt eines Podcasts noch so spannend finden, wenn ich die Stimme nicht mag, höre ich nicht lange zu. Das geht nicht.
Menschen die Kommunikationskanäle mehrheitlich aus Marketingaspekten betrachten, fällen schnell das Urteil „mangelnde Reichweite“ über Podcasts. Aber ist das so? Zumindest die Top-Podcasts aus den iTunes-Charts können sich über Reichweite nicht beklagen. Da hört eine 5-stellige Anzahl von Menschen jede Folge. In den Top3 sind es über 100.000 Hörer pro Folge. Entsprechend loht es sich auch Werbung in Podcast zu schalten. Ein gänzlich vernachlässigtes Feld, wie auch Philipp Westermeyer in diesem Vortrag (ab Min 25:41) gut darstellt. Aber das soll heute nicht mein Thema sein.
Play
Ich möchte aber nochmal darauf eingehen, was Ingo Stoll in seinem oben verlinkten Artikel auch schon skizziert hat. Der große Unterschied beim Konsumenten von Podcast-Inhalten ist an dieser Stelle, dass er sich aktiv für den Inhalt seiner Wahl entscheidet und diesen entsprechend downloaded. Hier erhält die Ansprache eine ganz andere Aufmerksamkeit, im Vergleich zum Push-Marketing-Overflow, der nur noch nervt.
Ich sitze jeden Tag mindestens 50 Minuten im Auto. Diese Zeit nutze ich zu 90% für Hörbücher und Podcasts. Gerade Podcast mit ihren typischen Laufzeiten von ca. 30 bis 60 Minuten sind perfekt für etwas Brainfood auf dem Weg ins Büro (und wieder nach Hause). Fachbücher, Zeitschriften etc. lese ich zuhause, YouTube-Inhalte, wie bpsw. interessante Vorträge, werden auf der Couch oder sonst wo betrachtet, wenn Augen und Ohren nichts anderes zu tun haben. Twitter, Facebook und Co. dienen mir ebenfalls als Contentlieferanten. Auch hier sind Hände und Augen gebunden. Deshalb gibt es im Auto, beim Laufen, beim Rasenmähen, beim Kochen oder ähnlichen Aktivitäten für mich den Podcast.
Und so werde ich jeden Tag ein bisschen schlauer.
Jetzt möchte ich dir ein paar Podcasts vorstellen, die ich so höre.
Charts
1
Beginnen möchte ich mit dem Master of Transformation – Ingo Stoll. Ich habe ihn ja oben bereits erwähnt. In #MoTcast (vormals neuwaerts.fm) spricht Ingo als Host mit sehr spannenden Gästen wie Matthias Horx, Stephan Grabmeier, Harald Schirmer, Lars Vollmer, Sascha Pallenberg, u. v. a. über digitale Transformation, Innovation, NewWork und andere aktuelle Themen. Mit dabei sind auch schon mal etwas exotischer anmutende Inhalte wie Vertical Cities oder Biohacking. Von diesem Podcast verpasse ich keine Folge. Ingo hat immer die richtigen Fragen und holt aus dem Gast hochinteressante Informationen heraus. Er ist auch ein gutes Beispiel für eine angenehme Stimme die man immer wieder gerne hört.
Mit einem Blick auf die notwendige digitale Transformation im Handwerk ist bspw. die Folge mit Matthias Schultze ebenso wärmstens zu empfehlen, wie alle anderen Episoden.
2
OMR (Online Marketing Rockstars) mit Philipp Westermeyer gehört sicher zu den bekannteren Podcasts hierzulande. Jede Woche gibt es eine neue Folge und massenhaft Einblicke in die digitale Szene des namengebenden Online Marketing. Spannende Gründerstories, Hintergrundinfos zur VC-Szene, SEO-Insights usw., machen das Abo dieses Podcasts lohnenswert. Und die Online Marketing Experten wären nicht eben solche, würden sie den Podcast nicht ordentlich vermarkten. Zwischenzeitlich gibt es drei Werbesslots im Rahmen jeder Folge. Was ich dabei cool finde: Es werden keine Spots eingespielt, sondern Host Philipp Westermeyer erzählt auf seine eigene, sehr authentische Art über den Sponsor und macht sich dabei in keinster Form krumm für den Partner. Hier beispielhaft die Folge 81 mit dem äußerst sympathischen Geschwisterpaar von www.sister-mag.de und ihrer Gründungsgeschichte.
Diese Interviewform wie sie OMR und #MoT verwendet, ist für den Hörer sehr wertvoll, denn er kommt dem Befragten sehr nahe. Meistens gehen diese Gespräche über einen Zeitraum von rund einer Stunde. Wann gibt es in unserer heutigen Medienlandschaft noch so lange Gespräche? Sind die Fragen einigermaßen vernünftig, erfährt der Hörer eine Menge über den Interviewgast und seine Meinung, seine Person, sein Business, etc. – je nach dem wo der Schwerpunkt des Gespräches liegt.
4
In einer der jüngeren Folgen (Stand heute) des OMR-Podcast berichtet Matze Hielscher (Hotel Matze), einer der derzeit erfolgreichsten Podcastmacher (u. a. Mit Vergnügen) des Landes, unter anderem über ein 90-Minuten-Interview mit Heiko Maas, der dann sagte, dass dies das längste Interview in dieser Legislaturperiode sei und er sich freut, dass er endlich mal etwas ausführlicher über Themen sprechen kann. Dies zeigt zweierlei: Echte Gespräche gibt es immer weniger und ein Bundesminister nimmt sich in einem engen Terminplan gerne 1,5 Stunden für ein Podcast-Interview, mit dem er ganz gezielt mehr Menschen erreicht als bei irgendeinem Wahlkampfauftritt.
5
Fürs Podcast hören nutze ich, wie berichtet, meistens so genannte „tote Zeit“. Wenn mehr Zeit benötigt wird, hilft es die Produktivität zu steigern. Dies ist oft leichter gesagt als getan, aber auch dafür gibt es Podcasts. Einer der vermutlich bekanntesten kommt aus der Schweiz von Ivan Blatter. Ivan hat schon über 150 Folgen von Zeitmanagement leicht gemacht produziert und begeistert neben seinen Produktivitätstipps auch mit seinem Schweizer Dialekt, was ihn unglaublich authentisch macht.
6
Aus Deutschland kommt das Angebot Produktiv in digitalen Zeiten von Lars Bobach. Das Blog von Lars verfolge ich schon sehr lange, weil er auch immer wieder interessante Tools testet und darüber in Videos berichtet. Vor einiger Zeit durfte ich dort auch einen Gastbeitrag veröffentlichen (vielen Dank Lars). Aber das ist nicht der Grund warum ich ihn hier empfehle. Lars hat ebenfalls angefangen sein Blog um einen Podcast zu erweitern. Phasenweise in Kombination mit Barbara Fernandez als Co-Host. Bei Lars kann man gut hören, wie sich der Podcast entwickelt, das macht es echt und sympathisch. Mal ist er alleine, mal ist es ein Interview, mal ein Gespräch mit Barbara. Selbstverständlich geht es in erster Linie um Produktivitätstipps.
7
Erwähnen möchte ich auch Smart Entrepreneur Radio von Matthew Mockridge. Auch dieser Podcast zählt zu den bekannteren im Lande, es gibt über 300 Folgen. Matthew hat lange eine reine Interview-Show gehabt. Das spannende an seinem Format ist hierbei, dass er seinen Gästen immer die gleichen Fragen stellt. Als Hörer gewöhnt man sich daran, aber das macht es nicht langweilig. Die Fragen sind so gewählt, dass in aller Regel die Antworten darauf für den Hörer einen Mehrwert darstellen. Auch Matthew hat zwischenzeitlich einige andere Formate etabliert, wie Zitate-Special, Q&A, Speed-Dial, etc. Das ist ja auch das Schöne an so einem Format. Die Settings können leicht verändert und ausprobiert werden. Feedback gibt es in der Regel über Kommentare in den Shownotes oder Bewertungen in iTunes, so dass der Host ein Gefühl dafür erhält, was bei den Hörer ankommt.
Mixtape
Ankommen tun auch langjährige Radioshows, die als Podcasts zur Verfügung gestellt werden. Dies gilt insbesondere für die Interview-Formate von SWR1 Leute und Hörbar Rust. In beiden Shows wird ein Gast zwei Stunden live interviewt. Als Podcast bleibt ca. eine Stunde übrig, nachdem Musik, Werbung und Nachrichten entfernt wurden. Als Zuhörer lernt man spannende Menschen und Geschichten kennen.
Die Empfehlungsrunde möchte ich mit Mr. Podcastmacher abschließen. Gordon Schönwälder. Ich habe ihn bei affen on air kennen gelernt. In dieser Podcastreihe übers Bloggen war er der Co-Host mit Vladislav Melnik. Ich mochte seinen Stil, nicht künstlich, sehr authentisch und er hat wirklich eine tolle Stimme. Gordon produziert darüber hinaus die Serie Podcast Helden, ein Podcast übers Podcasten, und hilft in der Zwischenzeit mit Spezialreihen wie Wir sind Podcast Helden und seiner dazugehörigen Facebook-Gruppe, anderen zum Podcaster zu werden. Wer sich dafür interessiert, sollte bei ihm reinhören.
Top 20
Solltest du nun Lust auf Podcasts haben, und dir die oben genannten Empfehlungen nicht ausreichen, dann wirf einen Blick in die Charts bei iTunes oder auf diesen Artikel vom 28.08.2017, der die 20 größten Podcast-Influencer aufzählt.
PS: Immer mehr Podcasts sind auch auf Spotify zu finden, so bspw. auch der oben genannte OMR-Podcast.
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