Update
30.01.2019 – In den letzten Tagen ist in der Causa „Held“ einiges passiert.
Zunächst schauen wir auf unseren Helden. Der hat in Sachen Reichweite enorm profitiert und war sogar im Fernsehen. Das berühmte Video hat heute über 1 Million Views und fast 10.000 Kommentare. Was aber noch viel wichtiger ist, die Anzahl der Abonnenten ist seit dem Video um rund 50.000 auf 207.000 gestiegen. Dies dürfte die monatliche Monetarisierung um einige hundert Euro erhöhen.
Im 3. Programm des hessischen Rundfunks gab es dazu am 23.01. einen knapp dreiminütigen Bericht inkl. Interview mit Thomas Panke.
Heute hat der Held ein Review eines Konkurrenz-Produkts vorgestellt, welches jedoch bereits in dem ersten Video im Bild zu sehen war. Dieses ist bereits seit letzter Woche bei Amazon nicht mehr lieferbar. Auch wenn wir nicht wissen wie viele Sets dort auf Lager waren, zeigt dies doch die Kraft des Kanals.
Auch viele andere „Lego-YouTuber“ haben von der Situation profitiert. Jeder hat zum Vorgang selbst ein Video mit einem Statement veröffentlicht. Mir sind auf diesem Wege viele YouTube-Kanäle begegnet, die ich vorher gar nicht kannte. Auch diese Anbieter haben häufig deutlich mehr Views mit ihren „Helden-Statements“ als bei anderen Inhalten. Dieser Sog hat letztendlich auch seinen Teil dazu beigetragen, dass die Abonnenten vom „Held der Steine“ so stark gestiegen sind.
Und nun gab es dann doch noch ein konkretes Statement von Lego. Auf der Spielwarenmesse in Nürnberg gab es gestern eine Pressekonferenz, bei der Lego die Geschäftszahlen präsentierte. Doch gleich zu Beginn äußerte sich Deutschland-Chef Frédéric Lehmann erst einmal zum Held der Steine. Dank Henry von der Klemmbausteinlyrik, gibt es dieses Statement sogar in Bild und mit Ton.
„Wir haben in diesem Fall nicht richtig kommuniziert. Wir hätten besser einmal den Telefonhörer in die Hand nehmen sollen, statt sofort Briefe zu schreiben. Mittlerweile ist das passiert.“
Frédéric Lehmann
Es gibt also offensichtlich ein Einsehen, dass man sich in Sachen Kommunikation hätte besser verhalten können. Dafür hat sich Lehmann dann auch öffentlich entschuldigt. Und nicht nur das. Er sagt auch, dass er in der Zwischenzeit mit Thomas Panke gesprochen hat und man sich noch im Rahmen der Spielwarenmesse für einen persönlichen Austausch treffen würde.
Original-Artikel „Der Held der Steine gegen Lego“
21.01.2019 – Ein Streit um Noppen geht viral. Nein, es geht weder um Fußballschuhe noch um Kondome. Die Noppen sind Bestandteil eines Klemmbausteins. Wie in jeder guten Geschichte gibt es auch hier natürlich einen Helden. Dieser kämpft jedoch nicht gegen ein böses Ungeheuer, sondern gegen mangelnde Kundenzentrierung. Diese Geschichte soll hier erzählt werden.
Es war einmal ein Held ..
Es war einmal, genauer gesagt am gestrigen Sonntag gegen 10 Uhr, da habe ich dieses Video gesehen. Zuvor hatten es bereits ca. 3.500 andere User betrachtet. Jetzt, während ich ca. 32 Stunden später diese Zeilen schreibe, hat das Video über 260.000 Aufrufe (Update: Am 22.01.2019 sind es über 500.000 Views) und die Geschichte über den Held und den sprichwörtlichen Goliath hat nicht nur mediale Aufmerksamkeit, sondern auch einen echten Shitstorm für Lego erzeugt.
Fans von Lego
Man kann sagen ich bin ein Fan dieser Produkte und Marke. Genauer gesagt, ich war es. Ich habe hier, in diesem kleinen kuscheligen Blog, und auch an anderen Stellen, mich schon häufig positiv über den dänischen Spielzeugbauer geäußert. Vor allem die vorhandene Kundenzentrierung in den so genannten Brand-Stores ist wirklich gut. Aber wo Licht ist, ist auch Schatten. Dieser Schatten wird in meiner Wahrnehmung immer größer. Warum dies so ist, zeigt unter anderem das äußerst ungeschickte Vorgehen im aktuellen Fall. Thomas Panke, alias der Held der Steine, erörtert diese „Verschlechterung“ in seinen höchst unterhaltsamen Videos. Er tut es nicht unbemerkt, denn bis zu jenem Sonntag Morgen hatte er rund 157.000 Abonnenten (Update: Am 22.01.2019 sind es 174.000 Abonnenten). Seinen wachsenden Online-Erfolg nahmen unter anderem auch die Online Marketing Rockstars zum Anlass, im letzten Sommer über diesen Helden zu berichten.
Die Macht eines Influencers
Wer sich etwas intensiver mit Lego-Produkten beschäftigt, kommt an einigen Internet-Seiten und YouTube-Kanälen nicht vorbei. Der Held der Steine ist dabei unumstritten ein YouTuber oder Influencer, der mit unglaublichen Fachwissen glänzt. Dies liegt unter anderem daran, dass er seit ca. 6 Jahren einen kleinen „Lego-Laden“ betreibt. Genauer gesagt ist er Einzelhändler mit einem (bisher) auf die Marke Lego beschränktem Sortiment. Er ist in Sachen Social Media allerdings kein klassischer Influencer, da er von Lego nach eigener Aussage keine kostenfrei Ware, Rezensionsexemplare etc. erhält. Das heißt, er stellt seine Reichweite dem Unternehmen Lego völlig kostenfrei zur Verfügung. Er selbst lebt aber bisher komplett von dieser Marke, da er nur deren Produkte verkauft. Dies bedeutet umgekehrt aber auch, dass er neben der kostenfreien Reichweite auch konkrete Umsätze für die Dänen erzeugt. Trotz dieser Fokussierung auf die Marke aus Billund erlaubt er sich in seinen Videos, sich auch kritisch über die Produkte zu äußern. Dies macht er mit einem großen Talent zum Storytelling, dem Einsatz von ordentlich Humor, gewürzt mit einer Prise Ironie. Sein Video zum Lego Technic Modell „Bugatti Chiron“ mit dem Titel „Eine 370€ Enttäuschung“ hat über 1,8 Mio. Abrufe. Mit diesem Video stieg seine Abonnenten Zahl innerhalb kürzester Zeit um mehrere 10.000, was belegt, dass die Fans auf jemand gewartet haben, der bei der Besprechung eines Lego-Sets kein Blatt vor den Mund nimmt.
Der „Lego-Laden“ von Thomas Panke (alias Held der Steine) in Frankfurt (Juni 2018)
Liebe zum Produkt
Trotz dieser Kritik spürt man als Zuschauer in jedem einzelnen Video, dass der Held dieses Produkte liebt und mit großer Freude vertreibt, und somit auch der Marke Lego, einen großen Dienst erweist. Thomas Panke beweist in seinen Videos, dass er sich extrem gut auskennt, und dass er sehr nah an den Kundenbedürfnissen dran ist. In Sachen Customer Centricity ist der Held der Steine ein Vorbild, auch weil er seine internen Prozesse und deren Auswirkungen auf die Kundschaft äußerst transparenz darstellt, bspw. in seinen FAQ-Videos. Durch seinen Laden hat er fortlaufend mit Menschen zu tun die Lego kaufen und sich für Lego interessieren. So erhält er Feedback aus erster Hand. Dazu kommen Tausende Kommentare zu seinen Videos. Ein Echter Experte mit spürbarem Einfluss. Was ist nun aber eigentlich passiert?
Markenstreit oder nur ein Versuch?
Thomas Panke hat ein eigenes Logo. Dieses zeigte bisher den Schriftzug „Held der Steine“ auf einem stilisierten Klemmbaustein. Ob dieser von Lego ist, kann man als Betrachter nicht sagen, denn seit die entsprechenden Patente von Lego ausgelaufen sind, gibt es viele andere Hersteller die die gleichen Steine (wenn auch meistens nicht so gut) herstellen. Dieses Logo wollte Thomas als Marke eintragen lassen. Da man beim Deutschen Marken- und Patentamt nicht einfach anfragen kann, ob eine Marke schützenwert ist, kann man sie nur kostenpflichtig beantragen und abwarten ob die Marke schützenwert ist und keine Konflikte vorliegen. Ja, man kann auch vorher recherchieren und/oder einen teuren Markenrechtler beauftragen, aber sind wir mal ehrlich, welcher kleine Einzelunternehmer macht das schon? Man versucht die Marke einzutragen. wenn es klappt ist es gut, wenn nicht hat man „nur“ die Gebühren für den Antrag investiert. Bei einem solchen Antrag kann also auch eine Konfliktsituation entstehen, wie das hier scheinbar der Fall war. Lego sah eine ihrer Marken (nicht das Logo) bedroht und beauftragt eine Anwaltskanzlei dem „Helden“ die Eintragung der eigenen Marke freundlich, aber bestimmt zu untersagen. Möglicherweise war es auch kein expliziter Auftrag, sondern ein Automatismus in der Kanzlei, welche die Marken des Spielzeugherstellers überwacht. Das ist vom Vorgang her nicht ungewöhnlich und sicher korrekt. Aber es ist nicht clever und kann hinsichtlich seiner Wirkung als Naiv bezeichnet werden.
Im Video berichtet Thomas Panke von diesem Schreiben. Er erzählt von der Aufforderung der Kanzlei und das er dieser sofort nachgekommen ist und nun ein neues Logo hat. Damit zeigt er indirekt auch die Anerkennung des Rechtsanspruchs von Lego. Was ihn jedoch ärgert ist das Vorgehen nach Schema F. Als erfolgreicher Händler, der Woche für Woche neben den Umsätzen auch kostenfreie Werbung für Lego erzeugt, hätte er sich einen direkten Dialog gewünscht. Aus meiner Sicht absolut nachvollziehbar. Nach außen ergibt sich ein Bild von nicht abgestimmten Standardprozessen bei Lego und der beauftragten Anwaltskanzlei. Anders ist nicht zu erklären, warum man seitens des Konzerns nicht das Gespräch mit dem Held der Steine gesucht hat. Das eine Äußerung von ihm zum Vorgang ein große Wirkung haben wird, muss eigentlich allen Beteiligten klar gewesen sein. War es aber dann wohl doch nicht.
Großes Medienecho
In der Zwischenzeit haben BILD, Süddeutsche, RP Online, Horizont und weitere bekannte Medien über den Vorgang berichtet. Alle lassen im Unterton Unverständnis für den größten Spielwarenhersteller der Welt erkennen. Der Schaden für die Marke Lego ist vermutlich größer, als der sehr theoretische Schaden, der durch die Eintragung der Marke hätte entstehen können. Neben den oben genannten Medienhäusern haben auch die bekannten Rechtsanwälte Christian Solmecke und Thomas Schwenke sich zur Causa „Held vs Lego“ geäussert.
Ich verstehe ja, dass man seine Marke nicht verwässert sehen möchte. Aber ist der Begriff „Influencer“ und seine Wirkung in der Legal-Abteilung bei Lego oder bei der abmahnenden Kanzlei unbekannt? /o\ https://t.co/tCHSOgqbdb
— Thomas Schwenke (@thsch) January 21, 2019
Auch Thomas Panke hat sich nochmal geäußert und RP-Online ein Interview gegeben. Und in der Zwischenzeit hat auch Lego mit einem sehr knappen Statement auf Facebook reagiert.
Ergebnisse mangelnder Kundenzentrierung
Fassen wir nochmal zusammen. Ein Weltkonzern zieht einen Shitstorm auf sich, weil er sich gegenüber einem kleinen Einzelhändler zwar völlig korrekt, aber sehr ungeschickt verhält. Statt über Dritte asynchron zu kommunizieren, hätte man dies besser direkt am Telefon tun können. Dialog statt Standard-Prozess. Warum? Weil dieser spezieller Einzelhändler seit vielen Jahren kostenfrei Reichweite zur Verfügung stellt und eine große Fanbase hat. Im Ergebnis hat Lego auf seiner Facebook-Seite rund 3.000 negative Kommentare erhalten. Sie werden das aushalten, aber, und darum geht es mir eigentlich, es passt ins Bild. Lego-Käufer sind emotional an die Marke gebunden, häufig über Jahrzehnte. Lego zeigt sich oft jedoch wenig interessiert an dieser Kundschaft und scheint sich immer mehr auf Neukunden zu fokussieren. Ein Fehler den viele Unternehmern begehen. Der selbst ernannte Held der Steine ist vermutlich einer der größten Spezialisten für Lego in diesem Land. Statt sich mit dieser Person an einen Tisch zu setzen und sein Wissen positiv zu nutzen, reagiert man nach Schema F. Dabei hat man in der PR- und Social-Media-Abteilung bei Lego offensichtlich dessen Reichweite und deren Wirkung unterschätzt. Sollte jeder seiner Abonnenten 10 Euro weniger für Lego ausgeben, ist dies bereits ein Millionenbetrag der fehlt. Egal?
Happy End für den Helden
Für den Helden in der Geschichte ist das ganze Geschehen sicher nicht von Nachteil. Er hat mit seinem YouTube-Kanal seit 2014 knapp 35 Mio. Views erzeugt und somit einen spürbaren Betrag erwirtschaftet. Seine Abonnentenzahl ist seit Sonntag um rund 17.000 zukünftige Zuschauer gestiegen. Alle YouTuber die sich regelmäßig mit Lego beschäftigen haben ihrerseits Videos zu diesem Vorgang veröffentlicht und für den Helden, wie auch Lego, weitere Sichtbarkeit erzeugt. Durch das oben genannte Medienecho haben beide Parteien ebenfalls eine hohe Sichtbarkeit erlangt.
Seine Fans warten schon gespannt auf die nächsten Videos, in denen er dann auch erstmalig Produkte von Lego-Marktbegleitern vorstellen wird. Bereits in diesem Video hat er drei Produkte eines anderen Klemmbaustein-Herstellers in die Kamera gehalten. Alle drei Produkte waren scheinbar kurz später bei Amazon ausverkauft, der Held freut sich über entsprechende Affiliate-Provisionen.
OHA
Unternehmen denen die Kundenbedürfnisse wirklich am Herzen liegen können sich anhand dieses Beispiels hinterfragen, ob alle internen und externen Prozesse darauf ausgerichtet sind, die Kunden und deren Bedürfnisse im Fokus zu haben. Nicht immer ist „Recht haben“ es wert, nach Schema F zu verfahren. Hin und wieder liegt im Verlassen von üblichen Pfaden eine große Chance. Zuhören ist in diesem Kontext ebenso so wichtig wie Dialog. Nur so entsteht eine emotionale und positive Bindung zwischen Marken und deren Märkten.
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